Diesmal nicht als „Ingomann“

Freudenberg. Jon Flemming Olsen gab fast ein Wohnzimmerkonzert im Kulturflecken Silberstern. Er stellte sein neues Album vor: „Von ganz allein“.

zel – Er spielt auch Wohnzimmerkonzerte. Das am Montagabend im Kulturflecken Silberstern in Freudenberg war fast eins. Das muckelig warme Veranstaltungsörtchen schien so recht nach dem Geschmack von Jon Flemming Olsen zu sein. Gut möglich, dass sein Auftritt dem zugewandten Liedermacher genauso gut gefallen hat wie dem Publikum, das die Ohren auf Empfang gestellt hatte. „Von ganz allein“ – und weil Sender und Empfänger es so wollten – stellte sich in dieser Gemütlichkeit eine Beziehung her, die gut zwei Stunden trug. Dass Olsen in der WDR-Impro-Produktion „Dittsche“ Olli Dittrichs „Ingomann“, den Imbissbetreiber, spielt, tat an dem Abend fast nichts zu Sache, die Haare unter der Vokuhila-Perücke sind kurz, die Musik, die der Musiker macht, ist gut. „Von ganz allein“ ist der Titel des neuen Olsen-Albums, das er über Crowdfunding finanziert hat. Die Lieder sind auf zwei Reisen entstanden (im Februar 2016 nach Amsterdam, im Mai nach Kopenhagen), vorsichtshalber war eine Gitarre mitgereist – und es lief wunderbar, das Songschreiben auf Deutsch, wie der Musiker erzählte. Sogar zu einem Frühwerk, von dem es nur den Refrain gab, stellte sich eine gute Geschichte ein („Wilder Mond“).

Zwischen „Sitzwalzer“ und „Mutlied“ für Zauderer und Zögerer
Die Geschichten, die der Mann aus dem Norden zur Akustik-Gitarre singt, sind persönlich motiviert oder im Außen gut beobachtet und meist allgemeingültig, die Innenschau ist vor allem nie peinlich. Olsen singt und spielt vom Gefühl, wenn Schneeflocken auf einen zurasen („Die letzten Galaxien“), von der Schwierigkeit, ein Liebeslied zu schreiben (mit „Bis der Morgen das Dunkel zerbricht“ ist ihm doch eins gelungen!) und von der Jugend, die sich bei ihm im Dorf an der Ostsee am Stein im Feld trifft, weil es sonst nichts gibt („Alles so weit weg“). Das Zuhören war schon schön, aber das Mitmachen gefiel auch, zumal der halbe Chor Die Zwischentöne im Publikum saß. Dessen Dirigent Sebastian Burbach, ein gut vernetzter Musiker, hatte Kontakt zu Jon Flemming Olsen aufgenommen und ihn für das Konzert im Kulturflecken Silberstern begeistern können. Die beiden verstanden sich hörbar gut, denn Burbach begleitete Olsen bei „Halt mich nochmal“ auf dem Akkordeon (es wurde eher nach innen getanzt, eine Art „Sitzwalzer“), und er spielte Gitarre und sang mit ihm bei „Wenn du’s wirklich willst“, ein „Mutlied“, das Zögerer und Zauderer (wie Olsen nach eigenem Bekunden auch einer ist) ertüchtigen kann, sich endlich zu entscheiden und es dann zu lieben oder zu lassen. Bei seiner Musik ist der Mann in dieser Angelegenheit zum Glück ganz klar!

Aus „Ballroom Blitz“ wird „Karl-Heinz Schmitz“
Neben stillen Geschichten zur gezupften Gitarre haute Jon Flemming Olsen auch richtig in die Saiten, auch in die der Bluegras-Mandoline, die sofort gute Laune machte. Sie kam bei der deutschen Fassung von „Daydream“ von The Loving Spoonful zum Einsatz („Es gibt Tage, da träum’ ich …“) und wollte rhythmisch beklatscht werden (Rock ’n’ Roll auf 2 und 4, nicht „Musikantenstadl“ auf 1 und 3!). Das ist noch so eine Spezialität von Olsen: englischen Hits ins Deutsche hinüberzuhelfen. Da sangen und klatschten nicht nur die Zwischentöne mit. Besonders gelungen: „Du bist doch ihr Sonn’schein, sie wird es immer gut mein’, erwachsen wirst du nie sein – oh, nicht für deine Muddi!“ Na, stellt sich da nicht beim Lesen der Rhythmus von „Blame It On The Boogie“ von Jackson 5 ein? Oder wie wäre es hiermit: „Ihr könnt sehn: Ich bin schön, die Frauen wollen mit mir gehn, guten Abend, ich bin Karl-Heinz Schmitz, Karl-Heinz Schmitz“? Ja, The Sweet waren Olsens Lieblingsband, als Jon Flemming vielleicht neun war. Jetzt ist er 52 und spielt seine Version von „Ballroom Blitz“. War ja auch mal Zeit für einen Song über einen Blödmann! „Nee, nee, ja, ja“ – wie denn jetzt? Die eindeutige Antwort aus dem „Wohnzimmer“: herzlicher Applaus.

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